Software Freedom Day 2014 in Köln
Termin: Samstag, 20. September 2014 von 10:00 bis 17:00 Uhr
Ort: Dingfabrik Köln e.V., damals noch in Köln-Nippes
Programm
10:00 - Begrüßung
10:15 - Lutz Keppeler: Lizenzkonflikte bei der Kombination verschiedener Open-Source-Lizenzen als “tickende Zeitbombe” des Informationszeitalters?
11:00 - Harald Weidner: Big Data
12:00 - Mittagspause
13:30 - Michael Stehmann: Kryptographie nur mit Freier Software!
14:15 - Robert Stanowsky: Tux, Elster und der böse Finanzminister - Von einer beinahe verhinderten Beziehung
15:15 - Stefan Riepenhausen: CHDK – Canon Hack Development Kit
16:00 - Walther Köhler: Der Einsatz von Freier Software in einem Kleinbetrieb - Möglichkeiten und Grenzen
16:45 - Tombola
Einleitung
Die Verwendung von Open Source Bibliotheken ist aus der modernen Softwareentwicklung ebenso wenig wegzudenken wie freie Betriebssysteme für die Hersteller von vielen kleinen Geräten, die unser Leben angenehm machen. Juristen wurde dies im großen Umfang erst bewusst, als sich AVM dagegen wehren wollte, dass die Software “Surfsitter” die Linuxversion, die auf der Fritzbox! seinerzeit lief, veränderte. AVM konnte sich nicht erfolgreich wehren, weil das Gericht (LG Berlin) entschied, dass die gesamte Firmware ein “work based on an program” i.S.v § 2 GPLv2 sei. Da AVM aber nicht die Bestimmungen der GPLv2 eingehalten hatte, konnte sich die Firma in keiner Weise gegen die Veränderung ihrer Firmware wehren. Soweit handelt es sich um einen Sieg für die Open Source Community.
Doch was ist mit den Fällen, in denen die Entwickler mit den besten Absichten verschiedener Open Source Bibliotheken und Programme kombinieren, um neue Software zu schaffen. Es ist manchmal gar nicht möglich die Bestimmungen mehrerer Open Source-Lizenzen gleichzeitig zu erfüllen. Einige Lizenzen, insbesondere die GPLv2, ordnen für einen solchen Fall den Verlust sämtlicher Rechte an den jeweiligen Lizenzen an. Die Folge: Die Urheber könnten die weitere Verbreitung der Software jederzeit gerichtlich stoppen. Was im kleinen Rahmen zunächst harmlos klingt, wird bedrohlich, wenn man bedenkt, dass Linux selbst nicht frei von solchen Lizenzkonflikten ist.
Abstrakt
Der Beitrag soll den in der Einleitung angesprochenen Fragen anhand der zwei folgenden Beispiele nachgehen: 1. Linus Torvalds erlaubt die Existenz von einigen Linux-Treibern, die für die Community nicht im Sourcecode zur Verfügung stehen. Es mehren sich jedoch die Stimmen, die diese Vorgehensweise für unvereinbar mit der GPLv2 halten, allen voran die FSF. 2. Android untersteht der Apache License 2.0, basiert jedoch auf Linux, welches unter der GPLv2 steht. Nach der FSF sind beide Lizenzen miteinander inkompatibel.
Der Beitrag soll herausarbeiten, ob es, je nach Auslegung der Lizenzen, für einzelne Programmierer von Linux-Komponenten möglich wäre, die weitere Distribution von Linux mit proprietären Treibern oder von Android zu stoppen. Jedenfalls nach der strengen Sichtweise der FSF wäre dies möglich. Es ist jedoch fraglich, ob deutsche Gerichte dieser strengen Sichtweise folgen würden.
Um diese Fragen zu beantworten, muss näher dargestellt werden, wie der Linux-Kernel mit den proprietären Treibern und Android mit dem Linuxcode verknüpft ist. Auf dieser Basis soll eine juristische Einschätzung erfolgen, die zunächst nur die Lage vor deutschen Gerichten berücksichtigen wird.
In diesem Zusammenhang soll auch der Frage nachgegangen werden, inwieweit es möglich ist, ein Programm, welches einmal ein “work based on an program” i.S.v § 2 GPLv2 geworden ist, etwa indem der Code einer offenen Bibliothek in den Programmcode integriert wurde, später noch einer anderen Lizenz zu unterstellen. Dies wird nach deutschem Urheberrecht möglicherweise selbst dann nicht funktionieren, wenn man den eigenen Programmcode im Nachhinein wieder um alle Open-Souce-Komponenten bereinigt, die einer anderen Lizenz unterstehen.
Informationen zur Person
Lutz Martin Keppeler ist seit 2013 als Rechtsanwalt zugelassen und arbeitet in dem Kölner Standort der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek als Anwalt für IT-Recht. In diesem Rahmen berät er auch mittelständische Unternehmen zu Fragen rund um Open Source Lizenzen.
Material
Vortragsfolien (PDF, 355 kB)
Harald Weidner: Big Data
Big Data ist ein Sammelbegriff
für Techniken zur Verwaltung und Verarbeitung großer Datenmengen. Im Fokus
stehen dabei die Parallelisierung, Skalierbarkeit und Fehlertoleranz. Während
altbewährte Mechanismen wie SQL-Datenbanken bis zu Größenordnung von
Gigabytes genutzt werden, stoßen Big Data Mechanismen in die
Größenordnung von Petabytes vor.
Im ersten Teil des Vortrages geht es um eine Begriffsbestimmung. Was ist mit
Big Data gemeint? Wie grenzt sich Big Data zu anderen Technologien ab? Welche neuen
Anwendungsbereiche werden durch Big Data erschlossen und welche Gefahren
bestehen dabei?
Im zweiten Teil werden freie Softwareprojekte vorgestellt, die sich mit
Big Data Technologien beschäftigen. Im Vordergrund stehen dabei
Implementierungen des MapReduce
Ansatzes wie Apache Hadoop. Daneben geht
es um Speichertechnologien wie NoSQL / Key-Value Datenbanken, Verteilte
Filesysteme und Object Storage.
Informationen zur Person
Harald Weidner ist als Berater für Linux und Open Source Software in
Rechenzentren im Rheinland tätig. Zu seinen Interessensgebieten gehören
Linux-Server, Internet-Dienste, Datenbanken, IT-Sicherheit,
Hochverfügbarkeit und Virtualisierung.
Material
Manuskript zum Vortrag
Michael Stehmann: Kryptographie nur mit Freier Software!
Nach einer kurzen Einführung in die Grundlagen moderner Kryptographie
wird erklärt, warum Kryptographie nur mit Freier Software sinnvoll ist.
Der Vortrag richtet sich an Laien; daher werden mathematische
Vorkenntnisse nur auf schulischem Niveau erwartet.
Informationen zur Person
Dr. Michael Stehmann wurde 1957 in Düsseldorf geboren, ist verheiratet und
Vater zweier Töchter. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft an der
Universität zu Köln absolvierte er das Referendariat im Rheinland, Nach
der zweiten juristische Staatsprüfung wurde er im Dezember 1987 als
Rechtsanwalt zugelassen. Auch die Promotion erfolgte an der
Rechtswissenschaftlichen Fakultät der
Universität zu Köln. Seit März 1999 ist er als selbstständiger
Rechtsanwalt in Langenfeld/Rheinland tätig.
Mit dem Computer ist er noch in der “Acht-Bit-Epoche” in Berührung gekommen. Seit dem
Sommer 2002 befasst er sich mit Debian GNU/Linux.
Er ist Fellow der Free Software Foundation Europe,
Mitglied der Freedom Task Force und
Committer im Projekt Apache OpenOffice.
Material
Vortragsfolien (PDF, 141 kB)
Robert Stanowsky: Tux, Elster und der böse Finanzminister - Von einer beinahe verhinderten Beziehung
Grundsätzliches zu Schnittstellen, Sicherheit, Archivierbarkeit und
Markteinfluss von ELSTER, der elektronischen Steuererklärung, wird
angesprochen. Näher eingegangen wird auf die per Gesetz elektronisch
zu übermittelnden Umsatzsteuervoranmeldungen und -erklärungen. Für
die UStVA wird unter Linux die einzige freie und offene Software
Taxbird/Geierlein vorgestellt.
Zur USt-Erklärung existiert gemäß dem
ELSTER-Portal
überhaupt keine freie und offene Lösung. Hier wird
gezeigt, wie es mit Linux und der Bibliothek Wine
als freier und offener Software sowie mit ElsterFormular dennoch geht.
Schlussfolgerungen und Wünsche aus Bürgersicht und im Hinblick auf
freie und offene Software werden formuliert.
Informationen zur Person
Dipl. Math. Dipl. Wirt.-Math. Robert Stanowsky wurde während des Studiums LaTeX-Anhänger und installierte 1993 versuchshalber das erste Mal Linux auf seinem Rechner. Nach Rechnerkauf 2001 und Lesen der Lizenz des vorinstallierten Betriebssystems stieg er zunächst auf SuSE Linux um und besucht seitdem den Linux-Workshop an der Universität zu Köln. Später, ab Debian 3.1 “Sarge”, wechselte er schließlich ganz auf Debian GNU/Linux.
Material
Vortragsfolien (PDF, 146 kB)