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Die Kölner Linux Installparty 2001: eine Nachlese

von Bruno Hopp

Am Samstag den 10. März 2001 findet im Regionalen Rechenzentrum der Universität zu Köln, verkehrsgünstig an der Berrenrather Straße gelegen die dritte große Kölner Linux-Installparty statt.

Gastgeber ist der Linuxworkshop an der Universität zu Köln. Wie kommt das alles? Bei unseren monatlichen Treffen, es ist so Anfang Dezember oder Anfang Januar, kam mehrfach die Idee auf: “Wir sollten mal endlich wieder eine richtige Installparty machen!”

plakat

Zustimmendes Gemurmel: kluge Studenten wissen daß eine gelungene Veranstaltung verdammt viel Arbeit verursachen kann :-)) Jedenfalls gibt es anfangs viel Zustimmung und einige sachdienliche Zwischenrufe, was alles zu bedenken ist. Wir sind ja ein recht lebhafter Verein, da ist im Januar schon klar daß wir sowas wie Arbeitsteilung brauchen und mehrere Leute, die gut organisieren können. Köln ist schließlich eine Millionenstadt, gilt als ein bundesweit wichtiges Medienzentrum und hat eine ziemlich große Universität.

Ich stelle mich für die Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung: Journalisten und Medien informieren, potentielle Sponsoren auf Unterstützung ansprechen. Früh ist klar, daß wir in unseren Reihen wirkliche Talente besitzen: langjährige Linuxkenner, mehrere Debian-Maintainer, die meisten von uns haben schon Erfahrung mit wenigstens zwei Distributionen, viele sogar mit mehreren. Die populären und gängigen Distributionen: Debian, SuSE, Redhat, Mandrake z.B. lassen sich leicht organisieren. Wir schätzen, daß der Löwenanteil bei einer Installparty auf die PC- und Kompatible-welt entfällt. Wer schon eine S/390 besitzt, braucht wahrscheinlich keine Installparty mehr :-) Und wir haben Aktive, die sich auch mit den allseits bekannten Alpha- und PowerPC-Plattformen prima auskennen. Eine Sorge weniger…

Als erstes brauchen wir Räume: am besten mit Platz für viele Computer und zahlreiche Stromanschlüsse. Was liegt näher als das Rechenzentrum? Hm, da stehen aber schon Geräte, wer haftet denn da? Wido hat die Idee, also muß er als Rechenzentrumsmitarbeiter seine Chefs davon überzeugen. Das macht er so gut, daß sie gleich ganz begeistert sind und uns ihre volle Unterstützung zusagen!

t-shirts

Ich informiere die bekanntesten Großfirmen im IT-Sektor über unsere Pläne, sondiere die Bereitschaft, als Sponsor aufzutreten. Dasselbe mit dem universitätsnahen Buchhandel: wir erhalten tatsächlich ein Angebot eines medizin- und computerorientierten Buchhändlers, der einen Bücherstand während unserer Veranstaltung eröffnen möchte und im Gegenzug uns unterstützt. Ich erinnere mich, daß zahlreiche Geldinstitute und Banken als “Kultursponsoren” auftreten. Also wieder Klinkenputzen, leider hagelt es da nur Absagen - wir sind definitiv zu klein - so ein Frust. Dann kommen techniknahe Verlage an die Reihe, soweit sie mit Linux in irgendeinem Zusammenhang stehen. Großer Linuxzauber…! Einer der wirklich großen Buchverlage hat seine Deutschlandfiliale gleich hier in Köln. O’Reilly Deutschland unterstützt uns absolut großzügig: Kartons mit hochwertigen, druckfrischen Büchern für den Linuxeinsteiger, T-shirts, etliche heiß begehrte Sammlerartikel. Dieses Material wollen wir in einer Verlosung an unsere Besucher weitergeben. Inzwischen haben sich die ersten Distributoren gemeldet und schenken uns ganze Kartons mit ihrer Software, einer hat netterweise sogar ein paar der immer begehrten T-shirts beigelegt.

plüschpingu

Mein Zimmer ist langsam nicht mehr mein Zimmer: schöne große Kartons, lustig gestapelt bis zur Decke. Aus unserem workshop sind Freiwillige bei der Erstellung eines schönen Plakats auf kleine Probleme gestoßen - aber da wir echte Spezialisten in unseren Reihen haben, sind die Probleme bald gelöst. Erste Vorabversionen des schön gerenderten Pinguins stellen wir ins Internet - in der Mailingliste werden die letzten Verbesserungsvorschläge diskutiert. Kerstin und einige andere verbreiten die frohe Kunde einer Kölner Installparty in den wichtigsten newsgroups. Häufig besuchte Internetseiten führen jetzt schon Hinweise auf unsere Veranstaltung - das ging auch nicht von alleine. Inzwischen kommen sogar Distributoren aus dem fernen München auf die Idee, uns mit Kartons voller Software und Plüschpinguinen zu beglücken - Linuxland (München) steht mit vollem Einsatz hinter unserem Projekt!

Die Öffentlichkeitsarbeit rollt: seinerzeit tobt in Köln der sog. “Zeitungskrieg” zwischen den kostenlos am Straßenrand ausliegenden Zeitungen eines norwegischen Verlagshauses und einem der großen Kölner Verlagshäuser. Ich wende mich an beide, sitze stundenlang zuerst in der einen Redaktion, dann der anderen. Die Journalisten: was, Linux? Was ist das?? Wie, Computer? Ich erkläre viel, muß richtigstellen. Als Linuxanhänger muß ich mich mehr als einmal selbst ermahnen, daß ich keine Weltanschauung verkaufe sondern “nur” Journalisten Fakten liefere, damit sie sachkundig und mit etwas Pep in der Schreibe ihre Leser informieren können. Der Beitrag in der kostenlosen Zeitung mit Wido’s Foto erscheint am 12. Februar 2001, leider “nur” auf Seite 7. Beinahe ein Monat noch bis zur Installparty! Ich bin erleichtert. Einige Dinge sind trotz allem falsch angekommen, nein die Linux usergroup hat wirklich keinen “Vorsitzenden”, auch wenn das so dargestellt wird. Wenigstens sind der Termin und der Ort richtig… Der “Kölner Stadtanzeiger” hat am Mittwoch darauf, am 14. Februar auf Seite 9 den schönen Artikel: “Party im Zeichen des Pinguins”. Die Hochschulseiten liefern einen ausführlichen Text: es wir über den Hintergrund von Linux berichtet, die Aktivitäten unserer usergroup werden beschrieben. Sogar leitende Mitarbeiter des Rechenzentrums werden zitiert, so daß die Leser einen rundherum ausgewogenen, sachlich-informativen Hintergrund vermittelt bekommen. Ich bin froh, daß wir eine “gute Presse” haben, ich persönlich halte das für genauso wichtig wie tolle Plakate.

Der ASTA unserer Uni ist auch auf Draht: Wido und ich sprechen einen halben Nachmittag mit deren Internet-/Pressespezialisten. Wenige Tage später liegen an der ganzen Uni, in der Mensa usw. die Zeitungen des ASTA aus. Ein prima Artikel, wieder haben wir vorab eine schöne Darstellung. In unserer Mailingliste geht es jetzt richtig hoch her, jeden Tag tauchen neue Fragen auf, wer hat noch eine Kopie vom Zeitungsartikel… Über Karsten bekomme ich eine Vorlage für “Anstecker”. Mit LaTeX (was sonst!) kann ich jetzt die Namen unserer Aktiven für die kleinen Schildchen ausdrucken. Ich darf aus ‘meinem’ Institut die kleinen Ansteckschilder aus Plastik ausleihen, damit sind wir dann auf der Installparty leicht für jeden erkennbar. Claus Kalle vom Rechenzentrum, selbst sehr engagiert in der Verbreitung von Unix (Vorsitzender der GUUG, der “German Unix User Group”) sichert uns wieder einmal volle Unterstützung zu (die wir auch brauchen… :-) danke für die T-shirts!

Das letzte Treffen vor der Installparty Anfang März: wir klären, wer soll welches Werkzeug mitbringen (kleine Schraubenzieher…), wer hat einen Hub oder Patchkabel, ich stelle einen Karton meiner Bücher, mehrere Aktenordner Linux-HOWTOs und FAQs zusammen. Sogar von unseren Aktiven kommen Angebote: es wird kistenweise Orangensaft/Cola/Wasser geliefert, Uwe kündigt frischen Zwiebelkuchen an, Kaffee, Milch etc. ist geplant - ich lege noch ein großes Paket Trinkbecher, Teller und Küchenrolle dazu :-)

installations

So langsam wird es ernst - Karsten hat mit seiner langjährigen Erfahrung noch schnell ein wichtiges Formular zum Haftungsausschluß ausfindig gemacht - wir wollen schließlich keine unnötigen Probleme. Freitag: ich habe meine Debian-Distribution dank Internet auf dem neuesten Stand, die i386-CDs brenne ich zehn Mal, das kostet Zeit und Nerven (und mich etliche Rohlinge). Samstagmorgen: ich bin etwas zappelig. Uwe holt mich netterweise mit seinem Kombi ab. Etwas fassunglos sieht er auf den Berg an Material, der in seinem Kofferraum Platz nimmt… Spätestens da war auch ihm klar, daß es wirklich eine bemerkenswerte Installparty würde. Ein Kollege aus dem Institut hat mir seine Videokamera ausgeliehen. Als “Pressemensch” bin ich gewappnet, kann so immer mal wieder ein paar Aufnahmen zwischendurch machen. Im Rechenzentrum: ab 9 Uhr sind wir beinahe vollzählig da, es wird Material gestapelt. Monitorkabel werden gelöst, Platz für unsere Besucher muß her. Dann kommen sie auch, zuerst einige wenige. Um elf Uhr vormittags: Wido hat sich am Eingang einen kleinen Tisch aufgebaut, um unsere Besucher gleich begrüßen zu können. Der Bücherstand von Lehmanns im Seminarraum ist präsent, und es kommen - vieeeele ….

Etliche Mitarbeiter vom Rechenzentrum unterstützen uns - wohlgemerkt freiwillig opfern sie ihre knappe Freizeit, damit wir Linux den Besuchern unter optimalen Bedingungen nahe bringen können. Auch hier nochmal ein GROSSES DANKE! Draußen nieselt es streckenweise - unsere Besucher schleppen ihre Computergehäuse bis ins Rechenzentrum - lächelnd. Sie freuen sich daß sie hier ihr sich von erfahrenen Anwendern Tips und Rat holen können. Mittags - die Geschäftsführung des Rechenzentrums besucht uns - und ist total überrascht! Dr. Trier und Dr. Krekel haben schon manches hier erlebt - aber soviel gute Stimmung, Spaß und Enthusiasmus angesichts trockener Technik - das ist neu, das ist Linux!

präsentation

Wir sind alle ziemlich im Streß: jeder Besucher mit Rechner bedeutet: einer unserer Aktiven soll hier betreuend zur Seite stehen/sitzen. Manche Besucher kommen ohne Rechner: zusehen, beobachten, Fragen stellen. Vieles ist unbekannt. In einem der Nebenräume wird von zwei unserer Aktiven eine Installation von RedHat-Linux am Projektor präsentiert. Irgend jemand kommt gar von Augsburg! Eine PA-Risc Maschine wird gesichtet, jemand anderes bringt ein sehr exotisches Notebook um “in Gesellschaft” sein Linux zu installieren.

Ich treffe Jugendliche mit ihren Freunden, die das alles wahnsinnig aufregend finden. Ältere Semester bringen ihren am Vortrag frisch gekauften Traum-PC zu uns. Langsam werden die Kartons mit SuSE, mit RedHat, mit Mandrake oder Easy-Linux weniger. Auch die Caldera-CDs sind verdächtig schnell geschmolzen :-)

In der Mittagszeit: ich nippe gerade an meiner ersten Cola, der Bauch knurrt schon verdächtig laut. Aufgeregt ruft Wido nach der Presse… Mal sehen… Ein weiterer Mitarbeiter von der Tagespresse - macht sich eifrig Notizen, stellt Fragen. Ich führe ihn durch die Räume, sein Fotoapparat hoert gar nicht mehr auf zu klicken. Während ich ihm noch die letzten Infos gebe, gesellt sich ein weiterer Journalist zu uns: er kommt vom WDR-Hörfunk! Mir sitzt der Schreck noch in den Knochen, aber da antworte ich auch schon auf seine Fragen direkt in sein Mikro. Jetzt nur nichts Falsches sagen :-)

menschenmenge

Wenige Stunden später, am Sonntagmorgen kurz nach den Neun-Uhr-Nachrichten haben wir einen sehr euphorischen Beitrag im Rundfunk. Wow! Der Nachmittag: wir müssen zu Stoßzeiten am Eingang eine Warte-liste anlegen. Die Leute strömen und wir haben alle Hände voll zu tun. Kaum ist ein Rechner fertig installiert, wird abgekabelt und der nächste kommt ran. Wir sputen uns, ab 15.00 wollen wir doch unsere Schätze verlosen! Und es wird voll…

Wir haben tolle Gewinne: hochwertige Bücher frisch aus den Verlagen, super T-shirts unserer Sponsoren etc. Lars und Kerstin fungieren als “Glücksbringer” bzw. “Glücksfee” - und es ist spannend. Fotoapparate klicken (die digitalen gaanz leise :-)) und viele ziehen strahlend und neu motiviert in die schöne Linuxwelt hinaus.

So um 18.00 machen wir Schluß, räumen noch eine Stunde lang auf. Unsere Truppe sitzt beim sehr verdienten Kölsch total geschafft aber glücklich zusammen. Für mich war es nicht nur die dritte Kölner Linux-Installparty, das war UNSERE Installparty!

Danke, Freunde - ihr wart alle super!

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